· 

Wir fahren mit der Eisenbahn

Von Diakopto führt eine 22 km lange Schmalspurbahnstrecke nach Kalavryta. Gut 700 Meter Höhe werden dabei überwunden.

Die Bahnstrecke wurde in den Jahren 1889 bis 1896 gebaut. Ursprünglich war vorgesehen, die Strecke quer durch die Peloponnes bis nach Tripolis zu verlängern. Schon dieser erste Abschnitt erforderte aber aufgrund der sehr anspruchsvollen Topographie eine technisch aufwändige, kostenintensive Lösung. Auf die Weiterführung der Strecke bis Tripolis wurde deshalb verzichtet.

Landschaftlich ist die Strecke beeindruckend. Sie verläuft – abgesehen von dem kurzen Stück, das sie an den Fuß der Berge führt – fast ausschließlich in der Steigung und zum Teil in der Wand der felsigen Schlucht des Vouraikos. Es gibt unzählige Stahlbrücken und kleine Tunnels. Auf der Trasse der Bahn verläuft auch der europäische Fernwanderweg E4. Das wussten wir vorher leider nicht. Es wäre bestimmt toll gewesen ein Teilstück  zu laufen. Es gibt mehrere Minibahnhöfchen zwischendurch, an denen man aus- und einsteigen kann.

Kalavryta, das Ziel der einstündigen Zugfahrt, ist ein heute unspektakulärer Ort, aber er hat eine furchtbaren Geschichte. Wir besuchen das Holocaust Museum des Dorfes. Die Nazis haben hier 1943 ein schreckliches Massaker angerichtet. Der Begriff Holocaust hat uns in diesem Zusammenhang aber auch gewundert. Es ging hier nicht um Juden. Wie schön, dass man alles immer googeln kann. Das Wort Holocaust stammt vom griechischen Wort holókauston ab, das „vollständig verbrannt“ bedeutet. Genau das ist passiert. Die deutsche Armee hat Kalavryta komplett ausgelöscht.

Bahnhof von Kalavryta
Bahnhof von Kalavryta

Während der deutschen Besatzung Griechenlands im Zweiten Weltkrieg nahmen Partisanen der Griechischen Volksbefreiungsarmee ELAS Mitte Oktober 1943 rund 80 deutsche Soldaten fest. Es ist aus den zahlreich vorhandenen Dokumenten der Wehrmacht nicht feststellbar, ob die Forderung der Partisanen nach Austausch der gefangenen Soldaten gegen griechische Geiseln in deutscher Hand ernsthaft erwogen wurde. Ende November war der Befehl für die Vernichtung der Partisanen und eine Vergeltungsaktion schon ergangen. Die folgenden vermehrten Truppenbewegungen in das Gebiet von Kalavryta konnten den Partisanen nicht entgangen sein. Rund zwei Monate nach der Gefangennahme, wurden die deutschen Soldaten getötet und am Tag drauf von den Besatzern aufgefunden. Daraufhin erging der Befehl zur „schärfsten Form der Sühnemaßnahmen“. Am folgenden Tag, begann die Wehrmacht mit der Zerstörung von Kalavryta und 25 Dörfern. Auch das Nationalheiligtum Kloster Agia Lavra wurde völlig zerstört (was die Empörung der Griechen noch steigerte und bis heute nachwirkt). 4 Tage später wurden alle Dorfbewohner zur Schule befohlen; Frauen und Kinder dort eingesperrt und die Schule angezündet. Aus ungeklärten Umständen konnten die Frauen und Kinder entkommen. Die Männer im Alter von 13 bis 65 wurden oberhalb des Ortes geführt und dort mit Maschinengewehrfeuer erschossen. 13 Männer überlebten das Massaker, weil sie von den Deutschen für tot gehalten wurden. Der Ort wurde in Schutt und Asche gelegt.