· 

Istanbul

Wir sind wieder gut in Europa angekommen. Unsere Körper sind da, die Seele braucht noch etwas Zeit. 

 

Eigentlich war der Plan, die Motorräder am nächsten Tag zu übernehmen. Deshalb hatten wir ein Hotel in der Nähe des neuen Flughafens gebucht, der 50 km ausserhalb der Stadt im Nirgendwo liegt. Dann gab es bei der iranischen  Mahan Air, mit der unsere Motorräder fliegen, eine zeitliche Verschiebung. Das hatte nix mit der abgeschossenen amerikanischen Drohne zu tun. Jetzt haben wir also 3 weitere Nächte in Istanbul. Zunächst fahren wir in das bereits gebuchte Hotel mit dem hochtrabenden Namen "Durusum Club Hotel". Das hat seine besten Tage vor langer Zeit gehabt. Trotz bestelltem Airporttransfer holt uns schon mal keiner ab. Wir sind begeistert 😣. Also fahren wir mit Taxi die 15 km ins Grüne. Die Landschaft ist schön und es riecht hier einfach nach Europa. Sogar das Grün ist ein anderes. Was für ein krasser Unterschied zu Kathmandu.

Das Essen ist teuer, schlecht und es gibt weit und breit keine Alternative. Trotzdem tun uns die 36 Stunden "Nichtstun" gut. Mit einem Spaziergang hat sich das Programm auch schon erschöpft und wir haben Muse richtig anzukommen.

Am Abend gibt es noch einen schönen Sonnenuntergang.

Am nächsten Morgen fahren wir zu unserer Airbnb Unterkunft, mitten im Zentrum, in Beyoglu. Es ist so ein Schäbbi Chick Appartment, wie man es auch in Berlin vor 20 Jahren hätte finden können. Wir haben einen "sagenhaften" Ausblick auf eine vermüllte Terasse. Gut das wir in Asien gelernt haben, Müll auszublenden.

Ich bin sofort begeistert, Bernd braucht 2 Stunden länger, aber nachdem er mit Mohammed, dem Gemüsehändler direkt vor unserer Haustüre Freundschaft geschlossen hat und in das warme Brot vom Bäcker nebenan gebissen hat, ist auch er überzeugt. 

Hier in "unserer" Strasse sind die Türken so, wie wir es kennen, warmherzig, freundlich und humorvoll. Vor der Türe gibt es alles, was man braucht und wir kaufen erstmal ein: Oliven, Schafskäse, Tomaten, Gurken, Zwiebeln, Brot, Raki.........

Der Muezzin ruft wie gewohnt und an der Ecke gibt es ein Gläschen Tee für eine Türklira (15 Cent).

Da sitzen wir auf wackeligen Holzstühlen und schauen uns das "Dorfleben" an. Hier kennt jeder jeden.

Wir wollen uns heute nochmal die Hagia Sophia und die Sultanahmed Moschee ansehen. Beide gehören zu DEN Sehenswürdigkeiten in Istanbul.

Wir hätten es besser sein lassen. 

Wir waren 1986 zum ersten Mal in dieser Stadt und waren damals total beeindruckt. Diese Erinnerung war immer in uns. 

" Weisst du noch damals, als wir......"

Seit dem haben wir aber Vieles gesehen, besonders auf dieser Reise und leider lässt sich der Zauber des ersten Mal nicht wiederholen.

Hinzu kommt, das an diesen Sehenswürdigkeiten so brutal viele Touristen unterwegs sind und bei beiden grosse Gerüste für Renovierungsarbeiten den Gesamteindruck deutlich minimieren.

Was aber bleibt, ist bei der Hagia Sophia, das Gefühl an einem wahnsinnig geschichtsträchtigen Ort zu sein. Als ich über die ausgetretenen Stufen ins Innere gehe und die Augen schliesse, kommen ganz viele Bilder.

(Kommentar von Bernd: Ulla schafft es immer wieder so zu photographieren, dass Touristenströme, Baugerüste und Müll nicht zu sehen sind)

 

Wir laufen rüber zur Sultanahmet Moschee, die man schon durch das Fenster der Hagia Sophia sieht. Die Kuppel wird innen aktuell restauriert und ist gar nicht sichtbar. Das schmälert den Eindruck enorm. Insgesamt erscheint sie uns gar nicht mehr so beeindruckend, aber nach den unglaublich schönen und grossen Moscheen im Iran und in Abu Dhabi ist das auch kein Wunder.

Mit Strassen- und Tunnelbahn geht es zurück, hoch nach Beyoglu. 

Mit unserem Raki geniessen wir das selbst gekochte Abendessen. Von den Einkäufen am Morgen hat Bernd eine genial leckere Gemüsepfanne gezaubert.

Die nächsten beiden Tage schlendern wir gemütlich durch die Stadt und lassen uns treiben. Besonders gut gefällt es uns das Viertel um den Galataturm. Viele kleine Läden, kleine Restaurants in den engen, steilen Gassen. Manche Häuser sind total runter gekommen und sind nicht mehr bewohnt. Wahrscheinlich sind es Spekulationsobjekte.

Der Sonntag startet schon früh mit hohen Temperaturen. Wir sind faul und machen eine Bosporus Rundfahrt. Es gibt ein paar wirklich nette Häuschen an beiden Ufern. Unerwartet viele Türken nehmen ein Bad im Bosporus. Total irre, wie die beiden Europa-Asien Brücken über die alten wunderschönen Häuser gebaut wurden..

In einem kleinen Fischlokal, direkt an der Galatabrücke kehren wir zu einem späten Mittagessen ein. Es ist eine Oase in der sonst üblichen Hektik hier.

Wir würden eigentlich gerne ein kaltes Bier zum Fisch trinken, aber heute am Wahlsonntag, gibt es ein staatlich verordnetes Alkoholverbot. 

Unglaublich für uns. Man stelle sich vor, heute ist Bundestagswahl und Frau Merkel verkündet ein deutschlandweites Alkoholverbot. 

Bisher ist alles ruhig in der Stadt. Wir haben ein paar Wasserwerfer an wichtigen Stellen gesehen ansonsten gibt es heute eher weniger Polizei und Militär als in den letzten Tagen.

Interessiert verfolgen wir den Wahlausgang.

Gut 2 Stunden nach Schliessung der Wahllokale ist klar, der Oppositionskandidat Imamoğlu hat mit deutlichem Abstand gewonnen.

Wir freuen uns über das Ergebniss. In Beyoglu ist viel los auf den Strassen, aber bis auf ein paar hupende Autos ist alles ruhig. 

Das ist unser letzter Abend in Istanbul. Morgen früh fahren wir zum Cargobereich im Airport. Hoffentlich klappt Alles mit der Übernahme der Motorräder, denn wir wollen weiter Richtung Bulgarien.