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Phonsavan

Die 380 Kilometer bis Phonsavan wollen wir möglichst in einem Rutsch schaffen. Wir brechen früh auf und werden im Riverview herzlich verabschiedet. Sie geben uns noch ein paar Bananen als Wegzehrung mit, dann geht es los.

Es wird einer langer Fahrttag durch sehr abwechslungsreiche Landschaften und nicht immer über gute Strassen. Eine halbe Stunde vor dem Ziel, auf kurviger Bergstrecke, erwischt uns noch ein heftiges Unwetter. Bereits klatschnass retten wir uns unter ein Wellblechdach. Es sieht so aus als wäre ein Wasserfall zwischen uns und den Motorrädern. Es blitzt, es donnert und dann hagelt es noch zur Krönung. Innerhalb von 30 Minuten ist das Thermometer von 43 auf 20 Grad gerutscht. Erde wird von den Hängen gespült und die rotbraune Brühe läuft überall über die Strassen. Nach einer halben Stunde geht es mit geschlossener Jacke weiter. Zum ersten mal frieren wir in Asien, denn die Klamotten sind nass. 

Verdreckt erreichen wir das Pukyo Guesthouse in Phonsavan und werden sehr herzlich von David, dem belgischen Besitzer begrüsst.

Wir bleiben vier Nächte um die Ebene der Tonkrüge und die Umgebung von Phonsavan zu erkunden. Auch möchten wir mehr über die leidvolle Geschichte von Laos, dem sogenannten "Secret War" erfahren.

Verteilt über mehrere Plätze befinden sich hunderte Steinkrüge in der Größe von einem halben bis zu drei Metern. Obwohl die Krüge also nicht aus Ton bestehen und auch nicht in einer zusammenhängenden Ebene zu finden sind, hat sich die Bezeichnung "Ebene der Tonkrüge" eingebürgert. Das Alter der Krüge wird auf 2000 bis 2500 Jahre geschätzt. Das Gewicht beträgt bis zu 6.000 Kilogramm. Es handelt sich wohl um  Urnen eines megalithisch proto - malaiischen Volkes. Der Großteil der Gefäße befindet sich auf den drei großen Lagerstätten, die zum Teil erst seit dem letzten Jahr komplett von Bomben gesäubert sind, so dass man sich dort ohne Gefahr bewegen kann. Phonsavan und Umgebung wurden besonders stark von den Amerikanern bombadiert. Die Hochebene um Phonsavan ist strategisch wichtig und der Ho - Chi - Minh Pfad führte hier entlang. Von 1964 bis 1973 wurde Laos im Durchschnitt alle 8 Minuten, tagsüber und nachts, von einer Bombenladung eines B 52`s getroffen. Die amerikanischen Flieger kamen aus Thailand. Konnten sie ihre Ziele in Vietnam nicht finden, wurden auch diese Bomben auf dem Rückweg über Laos abgeworfen, da ein Bomber nicht mit Ladung landen kann. Etwa 30 Prozent Bomben, meist Streubomben(siehe Photo) sind nicht explodiert und liegen noch in laotischem Boden.Field of Yars Site 1 liegt am höchsten Punkt des Gebietes und wurde zusätzlich extrem stark mit Agent Orange verseucht, so dass noch heute hier kaum Bäume wachsen.

 


Neben den Steingefäßen sind reichlich Bombenkrater sichtbar, welche einen Eindruck über die schrecklichen Bedingungen vermitteln, unter denen die Menschen damals und zum Teil noch heute leben müssen. 

Hier gibt es auch eine Höhle, in der die Toten verbrannt worden sind, denn nur die Knochen wurden in den Gefäßen bestattet. Es ist schon faszinierend, was sich Kulturen ausgedacht haben, um ihre Toten zu bestatten.

Während des Secret War wurde diese Höhle als Zufluchtsort genutzt. Deshalb kommen viele Einheimische hierher und zünden zur Erinnerung Räucherstäbchen an.

Für Site 3 fahren wir noch 20 Kilometer weiter über staubige, nichtasphaltierte Strassen und erreichen ein Kassenhäuschen. Zu Fuß geht es weiter über eine kaputte Brücke und dann folgen wir dem Trampelpfad durch ein abgeerntetes Reisfeld, vorbei an Wasserbüffeln, den Hang hoch. Ausschilderung? Fehlanzeige. Kaum vorstellbar, dass das hier in 3 Monaten UNESCO Weltkulturerbe werden soll.

 

Uns ist nicht so klar ob auch der Weg zur Site weitläufig geräumt ist, denn wir sehen rechts und links des Weges viele MAG Steine, also bleiben wir schön auf dem Trampelpfad. MAG (mines advisory group) ist eine gemeinnützige Organisation, die Minen und Bomben sucht und beseitigt.

Site 3 liegt sehr schön auf einem Hügel unter Bäumen und kann erst seit 2018 besucht werden.

Wir besuchen noch eine Mulberry Farm. Ein gemeinnütziges Projekt, in dem Frauen lernen Seidenraupen zu züchten, Seide herzustellen, zu färben und anschliessend zu weben.

Wie das alles funktioniert hat mich immer schon interessiert.  Wunderschöne Schals, in bester Qualität kann man hier erstehen, leider aktuell ausserhalb unseres Budgets. 

Am Abend sitzen wir mit "Pepper", dem hiesigen MAG-Manager zusammen. DIE Gelegenheit um viele Fragen zu stellen und gut beantwortet zu bekommen. Aktuell hat er fast 800 Leute im Einsatz, die in festen Teams zusammen arbeiten. Etwa 30 % sind Frauen. Er ist seit einem Jahr hier, vorher war er im Kongo und im Irak. Wird in dem aktuellen Tempo weiter gearbeitet, braucht man noch mindestens 100 Jahre, um Laos so einigermaßen zu reinigen. In unzugänglichen Gebieten, wird das wohl nie gelingen. Die Anzahl der Mitarbeiter ist abhängig vom Spendenvolumen. Durch Spenden aus GB, New Zealand  und Norwegen, können die Teams im nächsten Monat aufgestockt werden. Die Amerikaner haben in den letzten 3 Jahren insgesamt 90 Mio Dollar gegeben. Obama hatte diese Summe verdoppelt. Wie viel Geld in Zukunft von dort kommt, ist wohl unklar. Obwohl wir schon mal in Laos waren, wird uns erst jetzt nach dem Besuch des MAG und UXO (un-exploded Ordnance) Center so richtig klar, dass diese existierenden Streubomben Ursache für unendliches Leid und für die mangelnden Entwicklung des Landes und die Armut der Menschen hier ist. Die wirklich armen Reisbauern wagen nicht ihre Felder zu vergrößern, da es immer wieder zu tödlichen Explosionen kommt, oder die Menschen Extremitäten verlieren oder blind werden. Viele Kinder sind gestorben, weil sie mit den ballähnlichen Bomben gespielt haben. Der Krieg ist für diese Menschen nicht zu Ende. 20.000 Menschen sind so seit 1973 gestorben. Pepper empfiehlt uns noch Richtung vietnamesischer Grenze zu fahren.

 

Das machen wir auch am nächsten Tag.

Es wird immer einsamer. Sehr einfache Holzhütten stehen an den Strassen. Die Menschen leben hier von der Landwirtschaft. In der Nacht muss es heftig geregnet haben. Abseits vom Ashalt ist es heftig matschig. Ständig müssen wir Kühen, Wasserbüffeln, Enten, Hühnern, Katzen und Hunden ausweichen.

Unterwegs besuchen wir die Tham Piew Höhle. Am 24.11.1968 wurde die Höhle, in der sich fast 400 Menschen des Dorfes verstecken, bombadiert. Die ersten 3 Bomben verfehlen ihr Ziel, die vierte trifft. Alle sterben.

Es ist sehr bedrückend.